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01.07.2012 - Stellungnahme zum Thema "Medikamentengabe durch Rettungsassistenten in München"

Am 19.06.2012 wurde den Rettungsdiensten der Stadt München ein Schreiben der Ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes (ÄLRD) München übersendet, welches sich mit der Medikamentengabe durch Rettungsdienstpersonal im Rettungsdienstbereich München beschäftigt. In diesem Schreiben wird darauf hingewiesen, dass es in den letzten Wochen zu einem sprunghaften Anstieg von Medikamentengaben gekommen sei. Aus diesem Grund werden die Leistungserbringer von den ÄLRD ersucht, ihre Mitarbeiter von einer intravasalen Medikamentengabe im Notfalleinsatz abzubringen. Ausgenommen davon sind medizinischer Sauerstoff und Vollelektrolytlösungen. Unverzüglich danach erreichten uns viele besorgte Anfragen von Rettungsassistenten, wie sie mit dieser „Anordnung“ umgehen sollten. Wir haben daraufhin zunächst mit den ÄLRD in München Kontakt aufgenommen. Es wurde uns mitgeteilt, dass in den nächsten vier Wochen zusammen mit allen Leistungserbringern Regelungen gefunden werden sollen, damit eine einheitliche Patientenversorgung gewährleistet werden kann.

Mittlerweile haben Rettungsassistenten bei ihren Arbeitgebern Dienstanweisungen unterschreiben müssen. Inhaltlich werden Sie darin aufgefordert außer Sauersoff und Vollelektrolytlösungen keine Medikamente zu applizieren. Bei Zuwiderhandlung wurde mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht.

Somit bekommen Notfallpatienten möglicherweise in München nicht die zeitnahe lebensrettende Behandlung, wie es in der Vergangenheit der Fall war (z.B. Behandlung einer lebensbedrohlichen Hypoglykämie). Es werden jetzt, teilweise über das übliche Maß hinausgehend fortgebildete, Rettungsassistenten zu einer Handlung aufgefordert, die für sie haftungs- und strafrechtliche Risiken birgt. Bereits mehrere Gerichte haben entschieden, dass in Fällen, wo ein Notarzt nicht rechtzeitig beim Patienten sein kann, eine Behandlung, auch invasiv, durch Rettungsassistenten zu leisten ist, sofern sie die Maßnahme sicher beherrschen. Wie uns ein Gutachten aus einem ähnlichen Fall bestätigt, haftet ein Rettungsassistent aus unechtem Unterlassen, d. h. insbesondere den §§ 13, 223 ff. StGB und ggf. sogar den §§ 13, 211 ff. StGB, wenn er beherrschbare Maßnahmen bei einem Notfallpatient unterlässt. Schon die Körperverletzung durch Unterlassen ist mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren bedroht bei einer nur fakultativen Strafmilderung aus § 13 Abs. 2 StGB.

Den Arbeitgebern muss bewusst sein, dass ein Rettungsassistent bei rechtmäßigem Handeln nicht gekündigt werden kann. Wir fordern daher alle Verantwortlichen auf, ohne Zeitverzug eine Lösung herbeizuführen, die dem aktuellen Stand des deutschen Rettungsdienstes und den nationalen sowie internationalen notfallmedizinischen Leitlinien entspricht. Es gilt, dass jeder Rettungsassistent im Notfalleinsatz all die Maßnahmen durchführen darf und muss, die er erlernt hat und sicher beherrscht, wenn kein Arzt zur Verfügung steht. 
Wir fordern die ÄLRD München auf, die am 19.06.2012 in dieser Form herausgegebene Anweisung an die Leiter der Leistungserbringer zurückzunehmen. Es wäre generell angezeigt, bei Einzelfällen von möglichen Überschreitungen der Kompetenzen oder sogar Fehlbehandlungen auch diese Fälle zu analysieren und nicht einer ganzen Berufsgruppe ein Generalverbot ihrer Tätigkeit auszusprechen, welches sicher nicht juristisch haltbar ist. Wir fordern die Leistungserbringer auf, die Dienstanweisungen zum Verbot von Medikamentengaben umgehend zurück zu nehmen.

Die Stellungnahme des DBRD als PDF (119kb)

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